Noch hat der Frühling nicht Einzug gehalten
in der alten Hansestadt am Baltischen Meer. Der Himmel ist grau und die
Kirchturmspitzen sind vom Nebel umhüllt... und doch ist der Ausblick aus dem
Hotelzimmer wie immer überwältigend! Wir lieben diese Stadt zu jeder
Jahreszeit!
Ruhig und majestätisch präsentieren sich
die altehrwürdigen Gebäude der Tallinner Altstadt und erzählen die Geschichte
von einer jahrhundertealten, bewegten Vergangenheit.
Hohe, stattliche Häuser mit spitzen Giebeln
und Aushängeschildern von Handwerkszünften und Kaufmannsgilden lassen den Glanz
des goldenen Zeitalters der einstigen Hansestadt “Reval“ erahnen. Man fühlt
sich zurückversetzt ins Mittelalter beim Anblick der alten Ringmauern mit den
wehrhaften Türmen und den alten Stadttoren. Beim Durchschreiten der mit dickem
Kopfsteinpflaster ausgestatteten Gassen und Gässchen ziehen unweigerlich in
Gedanken die ratternden und knarrenden, mit kostbaren Handelswaren schwer
beladenen Holzwagen vorüber...
Unser Lieblingsrestaurant heisst Olde Hansa.
Das Lokal ist in rustikalem,
mittelalterlichem Stil eingerichtet. Hier gibt’s kein elektrisches Licht – nur
Kerzen , Oellämpchen und flackernde Fackeln erhellen die stimmungsvollen Räume.
Auf der äusserst originell gestalteten Speisekarte sind typische traditionelle
Gerichte aus der alten Handelsstadt zu finden.
Das Personal, vorwiegend junge Studentinnen und Studenten – gekleidet im perfekten „Mittelalter-Look“ - ist sehr freundlich und aufmerksam!
Das Personal, vorwiegend junge Studentinnen und Studenten – gekleidet im perfekten „Mittelalter-Look“ - ist sehr freundlich und aufmerksam!
Als Begleitung zum feinen, eher
unkonventionellen Essen gibt’s musikalische Klänge aus alten Zeiten, gespielt
auf historischen Instrumenten.
Also, wer gerne mal einen stimmungsvollen,
unvergesslichen Abend à la Mittelalter erleben möchte, der ist im Olde Hansa in
Tallinn ganz bestimmt am richtigen Ort!!
Aber auch beim nachmittaglichen Bummeln
durch die Stadt kommt das Kulinarische niemals zu kurz! Überall locken die
köstlichsten, süssen Versuchungen! Einfach unwiderstehlich!
Doch zuerst werden
die Schaufensterauslagen ausgiebig studiert und das eine oder andere Objektchen
findet den Weg in unsere Taschen. Was uns hier besonders gut gefällt, ist, dass viele originelle handgefertigte
Produkte angeboten werden. Handarbeit ist beliebt und hat hier noch einen
wirklich hohen Stellenwert!
Wie anfangs erwähnt, erscheint die Stadt im
Moment noch grau, kahl und winterlich... doch die Esten haben sich trotzdem
bereits ein echtes Stück Frühling in die Stadt geholt... und dies in Form einer
reichen, wohlriechenden Schnittblumenauswahl an den hübschen, kleinen
Blumenständen vor den Toren der Altstadt -
wirklich eine Augenweide!
Die zahlreichen Blumengeschäfte mit ihrem
grossen Angebot zeigen, dass in Estland das Schenken von Blumen Tradition hat.
Auch wir wurden am Flughafen von unseren estnischen Freunden mit einem
Frühlingsblumenstrauss überrascht - ein
herzlicher Empfang, der uns sehr freute!
Doch es gab ausser der Blumenpracht an den
Marktständen auch weitere Hinweise auf den nahenden Frühling. Hoch oben am
Himmel über der Stadt sah man bereits kleinere und grössere Vogelformationen
gegen Norden ziehen.
Auf unserer Fahrt über Land waren auf den
Feldern riesige Schwärme von rastenden
Wildgänsen und Wildenten zu beobachten – für unsere estnischen Freunde
eher etwas Alltägliches - für uns
dagegen ein eindrücklicher Anblick! Nils Holgerson pur! Wir äusserten den
scheuen Wunsch, anzuhalten um ein Foto von den rastenden Gänsen (oder Enten??)
zu machen. Unser Begleiter wies darauf hin, dass die Tiere wegfliegen werden,
sobald er mit dem Auto anhalte. Dies konnten wir uns nicht ganz vorstellen,
denn sie sassen alle so gemütlich und friedlich da und liessen sich von unserem
vorüberfahrenden Auto nicht im geringsten aus der Ruhe bringen. Der Fotoapparat
war bereits in Position... wir hielten an... und was geschah? Noch in der
gleichen Sekunde flogen alle Gänse/Enten wie auf Kommando auf und davon!
Nun wissen auch wir’s fürs nächste Mal!
Wenn man mit dem Auto vorbeifährt, bleiben die Tiere sitzen - wenn man anhält, fliegen sie weg! Es scheint, dass sie gelernt haben, dass “Vorbeifahren“ keine
Gefahr bedeutet - und “Anhalten“ Gefahr bedeutet. Wirklich äusserst intelligente Tiere!
Unsere Weiterreise führte uns nach Palmse, einem der bekanntesten
estnischen Gutshöfe. Laut Reiseführer soll dieses Gut an 365 Tagen im Jahr
geöffnet sein...doch an diesem Tag wies ein Zettel an der prunkvoll verzierten
Eingangstür zum Herrenhaus darauf hin, dass ausnahmsweise geschlossen sei...
Nun, so “lustwandelten“ wir ausgiebig im weitläufigen, winterlich anmutenden
Park und besichtigten die Anlage von aussen.
In einem der alten Nebengebäude
gab’s eine gemütliche Gaststätte, die war geöffnet! Hier wurde uns ein
herrliches, typisch estnisches Essen serviert!
Das Herrenhaus werden wir bei unserem
nächsten Estlandaufenthalt besuchen – ein guter Grund wiederzukommen! (Es war
übrigens schon unser zweiter Versuch, das Herrenhaus in Palmse zu
besichtigen... wir waren bereits vor einigen Jahren hier... und damals war auch
ausnahmsweise geschlossen) Kein Problem!
Palmse, wir kommen wieder!!
Nun ging die Reise weiter zum Jägala-Wasserfall. Dieses faszinierende
Naturschauspiel befindet sich ungefähr 25 Kilometer östlich von Tallinn, am
Unterlauf des Jägala-Flusses, ca. 3 Kilometer vor dessen Mündung in die Ostsee.
Man vermutet, dass an dieser Stelle in vorchristlicher Zeit ein kultischer Ort
war. Lange kann man dort verweilen und in Gedanken versunken dem eindrücklichen
Schauspiel beiwohnen, dem gleichmässigen Rauschen horchend und die sprudelnden,
gold- und bernsteinfarbenen, schaumgekrönten Wogen bestaunend... ein
mystisches, meditatives Erlebnis...
Haapsalu, eine kleinere Stadt an der Westküste war unser nächstes Reiseziel.
Wegen der vielen Wasserläufe, die die Stadt durchziehen, wird sie in Estland
auch gerne das “Venedig der Ostsee“ genannt. Einstmals war hier der Sitz des
Bistums. Die auf einer Anhöhe liegende imposante Burgruine erinnert noch heute
an diese bedeutende Zeit.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entdeckte
der deutschbaltische Arzt Carl Abraham Hunnius die heilende Wirkung des
Schlamms von Haapsalu. In der darauf folgenden Zeit entwickelte sich die Stadt
rasch zum beliebten Kurort mit Seebädern und Schlammheilstätten. Auch die
russische Zarenfamilie Romanow schätzte diesen Ort und war oft zu Gast. Ein mit
Unterstützung des Zaren verwirklichtes Eisenbahnprojekt spiegelt die damalige
Bedeutung des Städtchens als Kurort wieder. Der von einem St. Petersburger
Architekten erbaute repräsentative Bahnsteig mit einer Rekordlänge von 214
Metern, kann noch heute bewundert werden.
In Haapsalu befindet sich des weitern ein
hübsches, kleines Museum, welches der Kinderbuch-Illustratorin Ilon Wikland gewidmet ist.
Die aus Estland stammende Künstlerin hat
einen grossen Teil der Bücher von Astrid Lindgren illustriert, wie zum Beispiel
“Die Kinder von Bullerbü“.
... und wenn wir nun auf unserer Reise beim
Bilderbuch angelangt sind, dann ist eben auch, wie ihr vielleicht auf dem Foto
bereits bemerkt habt, das “Bilderbuch-
oder Postkartenwetter“ nicht mehr weit entfernt...
Bei der Rückkehr von unserem Ausflug über
Land, empfängt uns auch Tallinn mit
einem strahlend blauen Himmel. Die Stadt hat binnen weniger Tage den grauen
Wintermantel abgestreift und ist nun bereit, den nahenden Frühling zu
empfangen!
Ein herzlicher Dank unseren lieben
estnischen Freunden Andres, Signe, Helju, Katrin, Mihkel, Paavo, Külli und Tiina für die schönen,
unvergesslichen Tage in Estland!
Madeleine und Martina
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